Wie es zu dem Buch kam ...


Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Roman gekommen?
Schon sehr früh kam ich während meiner Forschungsarbeiten an der Universität mit den unglaublichen Möglichkeiten eines DNA-Computers in Berührung – eines Rechners, der selbst die erstaunliche Leistung moderner Computer bei weitem in den Schatten stellen würde. Ich habe mir die Frage gestellt, was geschehen würde, wenn jemand diese gewaltige Rechenleistung mit den Verfahren der Künstlichen Intelligenz und der Datenflut der digitalen Welt kombinieren würde: Einsparung wertvoller Ressourcen, bessere Heilungsmöglichkeiten vieler Krankheiten, bis hin zur Vorhersage von Katastrophen. Doch es gäbe ebenso viele Möglichkeiten des Missbrauchs. Was liegt also näher, als dieses Zukunftsszenario in einem spannenden Roman zu erzählen?


In Ihrem Roman geht es um die totale Kontrolle des öffentlichen und privaten Lebens mithilfe einer „KI“. Datenschutz und auch künstliche Intelligenz sind immer wieder ein aktuelles Thema. Wie nah ist uns das in „Die Codices“ beschriebene Szenario?
Leider sehr nahe. Die öffentliche Debatte beschäftigt sich zwar mit dem Thema Datenschutz, doch die Wirkung in der Gesetzgebung geht teilweise an der Realität vorbei: Wir müssen heute auf jeder Website die Cookies akzeptieren und bei unserem Arzt unterschreiben, dass er unsere Daten an das Labor schicken darf. Erst seit Kurzem spricht man beispielsweise auch über die Beeinflussung von Menschen in den sozialen Medien durch Fake News. Doch kaum jemand denkt daran, welche Folgen eine kriminelle Nutzung von Daten auf internationalem Maßstab haben würde. Bereits wenige Änderungen am Gesamtgefüge der internationalen Strukturen würde ausreichen, um ein solches Szenario Wirklichkeit werden zu lassen. Der Roman „Die Codices“ ist Science-Fiction, doch im wörtlichen Sinne: Er handelt davon, was die Technik der Gegenwart in naher Zukunft für Auswirkungen haben könnte.


„Die Codices“ führt uns nicht nur um die ganze Welt, sondern gibt uns auch einen Rückblick in die Antike. War es Ihnen wichtig neben der Zukunft der Wissenschaft auch Ihre Ursprünge zu zeigen?
Absolut. Unsere heutigen Leistungen wurden nur möglich, weil wir auf den Schultern der großen Denker der Antike sitzen. Und wollen wir unsere westliche Kultur verstehen, dann müssen wir wissen, auf welchen Grundlagen sie basiert. Dazu gehört auch der Einfluss des christlichen Denkens, denn der Gott der Bibel ist ein rational handelnder Gott, der die Menschen dazu aufruft, selbst rational zu handeln. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass gerade in unserer Kultur die Wissenschaften eine solche Bedeutung erlangt haben.


Sowohl der neuzeitliche als auch der antike Teil der Geschichte basiert auf wissenschaftlichen und historischen Fakten. Wie haben Sie dazu recherchiert?
Informatik und Logik sind die Themen, die ich studiert und in denen ich promoviert habe. Dann kam mir meine Aufgabe in meiner Firma zugute, durch die ich mich vor allem in den letzten 5 Jahren stark mit innovativen Technologien und KI beschäftigt habe. Der Bereich über die Antike, entspringt dagegen meinem privaten Interesse. Gerade bei den alten Griechen und Römern verbindet sich in wunderbarer Weise Geschichte mit Technologie und Wissenschaften. Am schönsten war aber natürlich die Recherche vor Ort: Menschen kennenlernen, die ihre Geschichte erzählen; Ausgrabungen tief im Dschungel, weit ab der Zivilisation besuchen; in einem buddhistischen Tempel den Gesängen der Mönche lauschen oder zu einem traditionellen Essen im Herzen von
Kyoto eingeladen zu sein.


Die meisten Orte, an die es die Protagonisten verschlägt, haben Sie selbst besucht. Welcher Schauplatz oder welche Kultur hat Sie am meisten beeindruckt?
Sehr fasziniert haben mich die Kultur und das Leben der Maya. Ein Volk, das mich und meine Frau auf unseren Reisen so freundlich aufgenommen hat wie kaum ein anderes. Menschen, die trotz ihrer einfachen Lebensbedingungen immer herzlich waren und einem ein Stück Einblick in ihre privaten Dinge geben, ohne auch nur andeutungsweise eine Gegenleistung haben zu wollen. Als Zweites möchte ich Japan nennen. Ein Land, in das ich mittlerweile wohl über siebzigmal gereist bin. Auch hier fiel mir als Erstes die große Freundlichkeit der Menschen auf, auch wenn die Japaner ganz anders sind als die Maya: sehr korrekt und immer darum bemüht, alles regelkonform zu tun. Doch dahinter leuchtet ein großes Wohlwollen und sehr viel Hilfsbereitschaft durch. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit japanischen Kollegen konnte ich Vieles erleben und kennenlernen, das für die meisten Ausländer verborgen und rätselhaft bleibt.


Ihr Hauptprotagonist Lennard wird von einigen sehr unterschiedlichen Freunden unterstützt. Welcher Charakter ist Ihnen am nächsten und welcher hat Ihnen beim Schreiben am meisten Freude bereitet?
Wenn ich an Lennard denke, dann sehe ich mich vor dreißig Jahren. Ihn begeistert sein großes Ziel, für das er alles einsetzt, so wie es auch mir während meiner Zeit an der Universität erging, in der ich oft 60 bis 70 Stunden in der Woche gearbeitet habe, um faszinierende Ideen aus der Forschung Wirklichkeit werden zu lassen. Heute dagegen ist mir Berger sehr viel näher. Er war beruflich erfolgreich und hat im Laufe seines Lebens schon einige existenzielle Probleme bewältigen müssen. Solche Erfahrungen machen einen überlegter und bedächtiger, aber auch zielstrebiger. Am meisten Freude beim Schreiben hat mir Gondi gemacht. Er hat klare Ziele, die er verfolgt, ohne sich dabei von den Gedanken anderer abhängig zu machen. Er baut kein Bild auf, um sich besser darzustellen. Ein wunderbarer Charakter, über den sich sehr viel Situationskomik transportieren lässt.